Anmerkungen zur Brennsuppe: Die
„gebrannte Mehlsuppe“ kann als ein Elementargericht bezeichnet
werden. In den verschiedenen Regionen entwickelten sich zahlreiche
Varianten mit unterschiedlichen Bezeichnungen: die Baseler haben ihre
„brennti Määlsubbe“ oder auch „Mählsuppe“,
im Kleinwalsertal gibt es eine Variante mit gedörrten Kirschen
unter dem Namen „Chriasesuppa“, es existiert eine türkische
„Un Çorbas“ und mancherorts heißt sie einfach
nur „Wassersuppe“. Vor
der Verbreitung des Kaffees in den Haushalten der Bauern und Arbeiter
hatten diese Suppen oft die Funktion des Morgenmahles, des Frühstücks. So ist auch in der mit dem 19.Jahrhundert aufkommenden bürgerlichen Kochbuchliteratur nur selten ein entsprechendes Rezept zu finden. Die Speisen der „einfache Leute“ wurden mündlich weiter gegeben; die „Hochküche“ kümmerte sich eher um aus dem Französischen adaptierten Gerichte. Ganz
im Sinne Rumohrs erging es dem norddeutschen Autor dieser Zeilen,
als er das Rezept der Brennsuppe von der achtzigjährigen Anna
Erhart erfragte: in Vorarlberg geboren, seit über vierzig Jahren
in Tirol lebend, ist sie professionelle Hausfrau. Sie konnte es sich
nicht vorstellen, daß man „etwas solch’ einfaches
wissen möchte", es amüsierte sie: Allen Variationen dieses Gerichtes ist eines gemeinsam: sie bestehen aus Getreidemehl und Fett. Zwei Arten der Zubereitung lassen sich hier unterscheiden: in der einen wird das Mehl trocken im Topf geröstet („gebrannt“) und das Fett wird erst danach hinzugefügt. In der anderen wird das Mehl in das erhitzte Fett gegeben und dann gebräunt. Diese Mehlschwitze wird wiederum auf zweierlei Weise weiter verarbeitet: Entweder die Fett-Mehlmasse wird nach Ereichen des gewünschten Bräunungsgrades mit einer Flüssigkeit aufgegossen oder sie wird in kochendes Wasser gegeben. Beim zweiten Verfahren besteht die Möglichkeit, die Masse aufzubewahren und die Suppe bei Bedarf herzustellen: „Ich kannte in Jena einen Komilitonen aus Siebenbürgen, ihm hatte seine Mutter eine Riesenschweinsblase mit Einbrenne in den Koffer gepackt: wenn er sich früh daraus seine Suppe machte, war er daheim“. (Hans W. Fischer, „Das Leibgericht“, Darmstadt 1955) Die
Brennsuppe hat viele Erscheinungsformen. Es finden verschiedene Mehle,
unterschedliche Fette und diverse Flüssigkeiten Verwendung: Wasser,
Milch, Wein, Bier oder Brühe. Durch die Gewürze, Salz, Nelken,
Lorbeer, Muskatblüte, Zitronenschale, Essig oder was auch immer
bei den Köchinnen beliebt oder in der Küche vorhanden war,
entwickelten sich mannigfaltige Varianten einer Grundstruktur. Dieter
Froelich |